Klein und Schief

Das schiefe Haus

„Schilte Siebni“ wurde die alte Remise genannt, „das schiefste Haus im Dorf“. Heute ist das kleine Wohnhaus außen- wie innenräumlich ausgezeichnet.

„Mich reizte die kleine Ausgangslage“, erzählt Lukas Lenherr. „Die Neubelebung einer Remise. Die Verdichtungen im Dorfkern. Dies hat in der Schweiz großes Potenzial, da alle nur um die Dörfer herum bauen und überall in den Orten noch Scheunen leerstehen. Große Einfamilienhäuser, Villen, finde ich weniger spannend. Ich bin für eine Reduktion des Wohnbedarfs in Quadratmetern, auf Verzicht auch in technischen Bereichen. Für Vereinfachungen und traditionelles Handwerk. Aber auch Mini-Häuser sind zu guter Letzt eine nicht ganz ökologische Wohnvariante, da sie wie Mehrfamilienhäuser Leitungen, Anschlüsse, Zufahrtstraßen brauchen. Insofern begeistert mich ein Einfamilienhaus nur, wenn es im Inneren räumlich spannende Verbindungen zu entwickeln gibt ...“

Anzahl Bewohner4 Personen
Wohnfläche96 m²
StandortJonschwil (CH)
Fertigstellung06/2019
PlanungsbüroLukas Lenherr Architektur
Zum Profil
FotografieFlorian Amoser
Wiederverwendung, Verzicht, lokale Positionierung, Eigenproduktion, sozial- und klimafreundliche Umsetzung sind Ausgangspunkte unserer Projekte.

Lukas Aurel Lenherr

So besehen war der Auftrag, die alte Remise mitten im nicht einmal 4000 Einwohner kleinen Jonschwil im Bezirk Alttoggenburg im Kanton St. Gallen umzubauen, genau das Richtige für den von Zürich aus arbeitenden Architekten: Sie ist klein, ließ sich konstruktiv ertüchtigen, geht sparsam mit Ressourcen um und sorgt innenräumlich für großzügiges, großartiges Wohnen. Sechs auf sechs Meter misst der quadratische Grundriss, mit knapp 99 Quadratmetern kommt die Familie aus. Beengt muss sie sich trotzdem nicht fühlen: Vertikale und horizontale Öffnungen verbinden die Räume, die ohne Flure auskommen. Fenster gestatten Blicke in die Umgebung. Der Architekt beschränkte sich auf wenige Materialien, die natürlich belassen direkt aneinanderstoßen. Sie sind demontierbar und wieder verwendbar: Das Haus, meint Lukas Lenherr, ist „ein Lager für Baumaterialien“. Mancher Baustoff wurde zudem zweckentfremdet: Treppe und Küche sind aus Birken-Sperrholz-Siebdruckplatten gefertigt. Aufgrund des hohen Grundwasserspiegels hat das Haus keinen Keller, die Technik findet Platz in einem Schrank im Waschraum. Klein heißt aber auch: Es muss nur wenig Volumen geheizt werden. Holzfaser und Schafwolle dämmen das Haus, der Holzofen wird unterstützt durch eine Fußbodenheizung im geschliffenen Unterlagsboden. Die Fassade ist aus Kanthölzern heimischer Lärche gefertigt, die Fenster sind aus Föhre. Das sichtbare Schraubenbild stemmt sich gegen die Patinierung.

Impressionen