Haus am Weinberg

Der Solitär

Auf einer Wiese über dem Weinberg wünschte sich die Bauherrschaft ein symmetrisches Haus mit Sprossenfenstern. Die Architekten entwickelten einen repräsentativen und dabei zeitgemäßen Solitär.

Herrliberg liegt am unteren rechten Zürichseeufer an der sogenannten Goldküste im Bezirk Meilen im Kanton Zürich. Das Gemeindewappen verrät den ursprünglichen Reichtum: Doppeljoche verweisen auf das Bauerntum, zwischenzeitlich zierte auch eine Weintraube das Emblem. Für die Bebauung ihres Weinbergs mit einer Wiese am oberen Abschluss suchten die Bauherren das geeignete Büro über einen privaten Studienauftrag, den sie an drei ausgewählte Architekturteams vergaben. Eine klare Vorstellung für ihr Haus hatten sie bereits: Sie wünschten sich ein symmetrisches Haus mit Sprossenfenstern.

Anzahl Bewohner4 Personen
Wohnfläche480 m²
StandortZürichsee (CH)
Fertigstellung05/2019
PlanungsbüroThink Architecture
Zum Profil
FotografieSimone Bossi
Das Haus am Weinberg erbringt den Beweis, dass die symmetrische Raumorganisation nach wie vor ihre Berechtigung hat und zeitgenössisch umgesetzt werden kann.

Ralph Brogle, Marco Zbinden

Kein Wunder, dass der an der ETH Zürich ausgebildete Ralph Brogle und Marco Zbinden, der nach einer Lehre als Hochbauzeichner an der Zürcher Hochschule Winterthur sowie an der Universität der Künste Berlin Architektur studierte – beide gründeten 2008 das Büro Think Architecture –, gewisse Schwierigkeiten mit dem Auftrag hatten: Den Bau einer neoklassizistischen Karikatur konnte sich das Büro, das bereits mehrfach bei den Häusern des Jahres ausgezeichnet wurde, nicht vorstellen. Ihren Büronamen haben sie allerdings nicht zufällig gewählt: „Think Architecture“, so heißt es auf der Website, „ist ein Aufruf an uns und unsere jetzigen und künftigen Auftraggeber, die Herausforderung in der Architektur zu suchen und uns professionell zu messen. Mit „Architektur denken“ kann einerseits das Entwerfen und Umsetzen von Bildern vom Konzept bis zur Detailplanung, anderseits der intellektuelle Prozess vom ersten Kontakt mit dem Kunden und dem Bauort bis zur Realisierung bezeichnet werden.“ Was konkret bedeutet: Mit dem Haus am Weinberg erbrachten sie den Beweis, dass eine symmetrische Raumorganisation nach wie vor Berechtigung hat und zeitgenössisch umgesetzt werden kann. Das neue Haus besetzt ein Feld von 24 auf 20 Meter, jede Seite erhielt einen Einschnitt in ihr Volumen. Straßenseitig wird er, mittig liegend, als gedeckter Vor- und Eingangsbereich genutzt. Die beiden seitlichen Fassaden, die sich auf die Wiesenflächen orientieren, erhielten je eine kleine Loggia. Richtung Weinberg und Zürichsee erfolgte die größte Zäsur: Eine drei Meter tiefe Veranda vergrößert sich in der Gebäudeachse zum Hof. Die überhohe Halle ist das Zentrum des Hauses und wichtigster Aufenthaltsort der Familie. Zwei flankierende Erschließungsschlaufen führen als Rundlauf jeweils ins Ober- sowie ins Untergeschoss. Eingefärbter Kalkputz, Eichenparkett und Naturstein harmonieren in den Innenräumen. Außen wird die naturnahe Materialisierung aus erdigem Kratzputz von einem Skelett aus filigranen Glasfaserbetonelementen zusammengehalten. Ein einheitliches Fenstermodul bespielt die unterschiedlichen Fassaden: Ralph Brogles und Marco Zbindens Sprossenfenster wurden als zweiteilige Schiebefenster mit Minimalprofilverglasungen ausgebildet. In den überdachten Bereichen lassen sie sich bei Bedarf komplett in einer Wandtasche verstauen.

Impressionen