Haus Michael

Fenster in den Hof

Konstruktiv, konservativ, kommunikativ

Die Gemeinde Kiens befindet sich im unteren Pustertal nahe Bruneck im Nordosten Südtirols. Der Bauherr betreibt einen Bauernhof, er züchtet Schafe, hält Perser-Pferde und kultiviert inzwischen fast dreißigjährigen Balsamico. Die Lage seines Hofes ist traumhaft: eingebunden in die dörfliche Struktur und doch im Grünen. Sich selbst bezeichnet der Bauer als konservativ, der Brunecker Architekt Stefan Hitthaler sieht das jedoch ganz anders: Hätte er sonst einen Wettbewerb unter fünf Architekturbüros ausgelobt? Und hätte er alle Vorschläge des siegreichen Büros mitgetragen? Sogar den, den angedachten Bauplatz zu verlegen? Dabei hatte Stefan Hitthaler bei der Hofführung, die der Bauherr mit jedem der zum Wettbewerb geladenen Architekten einzeln durchführte, auf die Frage, ob er an der von der Familie vorgesehenen Stelle des Grundstücks planen müsse, noch einen genervten Blick und eine wegwerfende Handbewegung bekommen. „Mach was du willst“, lautete die Antwort.

Anzahl Bewohner2 Personen
Wohnfläche400 m²
StandortKiens (I)
Fertigstellung07/2018
PlanungsbüroStefan Hitthaler Architektur
Zum Profil
FotografieGustav Willeit

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Vielversprechend klang das nicht. Doch der Architekt war sich sicher, dass das Bauvorhaben nicht an die Engstelle des ost-west-orientierten Hofs gehört, im Norden, wo ein zur Disposition stehender Altbau und die Wirtschaftsgebäude liegen. Viel attraktiver und geeigneter erschien ihm der westliche Teil des Grundes. Hier nämlich, hinter einer kleinen Kapelle, wo die Koppeln für die Schafe und Pferde sind und das Gelände um etwa einen Meter verspringt, weitet sich das Grundstück und der Blick öffnet sich in die unverbaute Landschaft. Zurück im Büro machte Stefan Hitthaler sich an die Arbeit und entwarf drei Häuser an dem von ihm favorisierten Ort. Und überzeugte den Bauherrn... Wobei der Wettbewerbsentwurf dann doch noch verändert wurde: Der neue Bauplatz ist akzeptiert. Die drei Bauten aber, die das Büro für die drei Kinder geplant hatte, verschmelzen zu einem Haus, das sich V-förmig großzügig aufspreizt. Schon beim ersten Entwurf hatte die Ausbildung eines Hofraums im Untergeschoss überzeugt. Heute nehmen die beiden Schenkel den ins Erdreich gegrabenen, intimen und dabei kommunikativen Raum in ihre Mitte. In der einen Flanke finden eine beeindruckend lange Tafel und zahllose Bilder Platz, in der anderen die Balsamicos. Das Erdgeschoss springt auf dem massiven Sockel zurück. Es ist großzügig aufgeglast und wird zum Kochen, Wohnen und Essen genutzt. Darüber – erschlossen über eine elegante, einläufige Treppe im Zwickel des V – befinden sich vier Schlafzimmer und zwei Bäder. Gezielt wurden in diesem Geschoss die Öffnungen gesetzt: Wie Teleskope nehmen die vier Schmalseiten der Gebäudeflügel die Landschaft ins Visier.

Impressionen