Gemeinsam

Mut zur Lücke

Gemeinschaftlich wohnen auf unbebaubarem Grund

In Tirol sind Bauplätze rar, im Stadtzentrum von Innsbruck sind sie fast unauffindbar. Vier Freunde – darunter die Architektin Barbara Poberschnigg von STUDIO LOIS – hielt das nicht ab, nach einem Grundstück zu suchen, auf dem sie als Nachbarn gemeinsam wohnen und leben könnten. Vier Jahre dauerte die Suche. Dann musste alles ganz schnell gehen: Binnen weniger Tage sollte die private Bauherrengemeinschaft sich zum Kauf entschließen. Ganz schön mutig! Denn eigentlich galt das Grundstück als unbebaubar: schmal, L-förmig, mit eingeschränkter Zufahrt mitten im Stadtgebiet, mit Grundstückstiefen von zehn bzw. zwölf Metern, umgeben von einem Archivgebäude, einem Supermarkt, einer alten Fabrik sowie romantischen Villen mit Gärten und gemäß Bebauungsplan mit offener Bauweise nach Tiroler Bauordung fast nicht bebaubar. Der Hindernislauf mit den gesetzlichen Parametern war jedoch zugleich sportliche Herausforderung und sorgte letztendlich für die Form des Doppelhauses: Als Lückenfüller fügt sich das Gebäude auf dem nur 400 Quadratmeter kleinen Grundstück mit asymmetrisch aufgesetztem Dach und dunkel lasierter Fassade zwischen die Nachbarn.

Anzahl Bewohner4 Personen
Wohnfläche418 m²
StandortInnsbruck (A)
Fertigstellung12/2018
PlanungsbüroSTUDIO LOIS Architektur
Zum Profil
FotografieDavid Schreyer
Ein beziehungsreicher Umgang mit Raum, Struktur, Material und Ort bildet die Grundlage für die Architektur.

Barbara Poberschnigg

Vor- und Rücksprünge sorgen dafür, dass nicht ein großer Baukörper massiv in Erscheinung tritt, sondern zwei kleine Häuser sichtbar werden. Innen fügen sich die Räume aufgrund der Hierarchisierung des Tagesablaufes von unten nach oben, jeder Quadratmeter ist genutzt und passt zur Lebensweise der Bewohner. Gezielte Öffnungen bieten Blick über die teilweise grüne Nachbarschaft. Das Atrium im Wohngeschoss lässt beide Wohnungen die Tageszeiten spüren, eine gemeinsame Kommunikationsebene wurde geschaffen und eine alte Mauer gibt Zeugnis von der Vergangenheit. Jedes Haus hat seine Privatsphäre, doch die Fenster im Atrium sind so gesetzt, dass die Nachbarschaft stets spürbar ist. Im Eingangsgeschoss befinden sich jeweils die Diele, ein Wirtschaftsraum, das Schlafzimmer mit Schrankraum und Bad. Die Holztreppen sind in beiden Häusern als benutzbare Oberflächen in Form von Regalen gebaut. Das erste Obergeschoss ist als offener, teilweiser zweigeschossiger Wohnraum mit Glasfront, Loggia und großem Sitzfenster mit Blick in den Garten gestaltet. Die Galerien im Dachgeschoss werden als offene Arbeits- und Ruhebereiche genutzt. Ein- und Ausschnitte in der Dachlandschaft gestatten den Blick auf die imposante Bergwelt rund um die Landeshauptstadt. Das Erdgeschoss ist aufgrund der umliegenden Bestandsbauten der Nachbarn nur teilunterkellert und teilweise aus Betonwänden gebaut. Der Keller wurde in „Schwartlingsschalung“ ausgeführt und harmoniert mit dem Holzbau. Alle Decken und aufgehenden Wände sind aus verleimtem Massivholz, die Oberflächen wurden weiß lasiert. Auch die Dachflächen sind im Innenbereich pur belassen, die Einrichtung wurde von der Architektin aus einfachen Fichtenholzplatten geplant.

Impressionen