Haus an der Alten Straße

Bauen mit Bestand

So traditionell wie vorgefunden, so modern wie erforderlich: Das Gemeindehaus aus den 20er-Jahren wurde nachhaltig in ein zeitgemäßes Wohndomizil verwandelt.

Hohenried ist ein Gemeindeteil von Brunnen und liegt im oberbayerischen Landkreis Neuburg- Schrobenhausen. Diverse Ausgrabungsfunde belegen die 4000 bis 6000 Jahre alte Siedlungsgeschichte des am Rande des tertiären Hügellandes zum Donaumoos gelegenen Orts. Ganz so alt ist das ehemalige Gemeindehaus an der alten Dorfstraße nicht, es stammt aus den 1920er-Jahren. Der prägnante Baukörper mit aufliegendem Steildach aus rotem Ziegel ist typisch für die Region und fügt sich in die Umgebung. Als Palimpsest bezeichnet der Architekt Michael Aurel Pichler, der von München aus arbeitet und Kreisheimatpfleger im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ist, sein Konzept für den Umbau: Eigentlich meint der bereits in der Antike und im Mittelalter verwendete Begriff das Reinigen und anschließende Neubeschreiben einer Manuskriptseite.

Anzahl Bewohner5 Personen
Wohnfläche176 m²
StandortHohenried (D)
Fertigstellung02/2019
PlanungsbüroMichael Aurel Pichler Architekten
Zum Profil
FotografieMichael Aurel Pichler
Die Reorganisation und Klärung, die Neuinterpretation und das Aufspannen neuer Bezüge durch das ‚Überzeichnen‘ des Vorhandenen sind Resultat dieser Entwurfshaltung.

Michael Aurel Pichler

Architektur bedeutet Palimpsest die Neuinterpretation, das „Überzeichnen“ des Vorhandenen: So wurde der alte Rieselspritzputz der Fassade repariert und erhalten, ebenso wie der handwerkliche Dachstuhl. Das historische Tor des Ostteils im Untergeschoss überdauerte, ein raumhaltiger Schrank ersetzt heute einen der zwei historischen Stichflure und verbindet charmant zwei Wohnungen zu einem Raum. Im Süden ergänzt ein neuer Innenhof aus flechtwerkartigem Mauerwerk den Wohnbereich. Das vergrößerte Tor im Westen stammt eigentlich aus einem Umbau in den 1970er- Jahren. Die Latten aus Lärchenholz funktionieren wie eine Art Sonnenuhr. Nachhaltigkeit war neben der Auseinandersetzung mit der Geschichte das Handlungsprinzip bei der Planung: Die in der Bausubstanz gespeicherte graue Energie und die identitätsstiftende Qualität des schlichten Hauses blieben erhalten. Werkstoffe wie Stampfbeton, Ziegelstein, Kalkputz, alte und neue Holzfenster und Glas sind schadstofffrei, die 100 Jahre alte Konstruktion wurde überall, wo es möglich war, ertüchtigt. Zwei bestehende, gemauerte Schornsteine wurden nach alten Handwerkstechniken repariert und mit zwei Holzöfen – 7,5 und 5,0 kW – ausgerüstet. Sie sind mit der massiven inneren Trennwand vermauert, die nun regenerativ und thermisch aktiviert dazu beiträgt, dass noch 24 Stunden nach aktiver Beheizung Strahlungswärme abgegeben wird. Eine intelligente Elektroheizung unterstützt, sie lässt sich ganz zeitgemäß über ein Mobiltelefon steuern.

Impressionen