Villa Fleisch

Vorne hui. Und hinten? Besonders hui!

Mit einem leichten Stahlgerüst erweiterte die Architektenfamilie den Altbau von 1929. Zur Straße hat er sein Gesicht bewahrt, im Garten zeigt sich die zeitgemäße Adaption an heutige Wohnwünsche.

Dass Dornbirn im Vorarlberg seit Jahren als “Mekka der Baukultur” gilt, hat der 1960 verstorbene Wilhelm Fleisch nicht mehr erlebt. Dabei muss sich die Siedlung “Rüttenersch”, die der Architekt 1929 im Auftrag der Stadt zur Milderung der Wohnungsnot anlegte und in der 19 typengleiche Wohnhäuser im Stil der Zwischenkriegszeit entstanden, nicht verstecken. Städtebaulich sind die Gebäude versetzt angeordnet, es entstand ein rhythmisierter, durchgrünter Straßenraum, trotz relativer Dichte haben die Häuser geschützte Gärten. Die sogenannte „Villa Fleisch“ unterschied sich bereits vor dem Umbau 2018 von den Nachbarn, sie war 1935 zur Gartenseite um vier Meter erweitert worden. Für die Architektenfamilie auf der Suche nach Wohnraum war sie die perfekte Lösung: Ein eigener Neubau war nie interessant und kam auch nicht wirklich in Frage, die Nutzung alter Bausubstanz erscheint Rike Kress, Assoziierte im Dornbirner Büro ARSP – Architekten Rüf Stasi Partner, reizvoll und richtig. Zum Zeitpunkt des Umbaus präsentierte sich das Haus zur Straße hin in weitestgehend ursprünglichem Zustand. Die nordseitige Gartenseite des Anbaus von 1935 jedoch wirkte mit den beliebig platzierten Fenstern, so Rike Kress, eher unbelebt und abweisend.

Anzahl Bewohner3 + 1 Personen
Wohnfläche165 + 58 m²
StandortDornbirn (A)
Fertigstellung10/2018
PlanungsbüroARSP ZT GmbH
Zum Profil
FotografieZooey Braun
Ein wichtiges Anliegen bei diesem Projekt war es für uns, das Gebäude neu zu beleben, ohne ihm den Perfektionismus eines Neubaus überzustülpen. Keine Totsanierung, sondern eine Revitalisierung.

Frank Stasi, Rike Kress ARSP ZT GmbH

Das architektonische Konzept für die Umgestaltung folgt dieser Janusköpfigkeit: Die Straßenfront blieb erhalten, zum nordseitigen Garten erweitert sich das Haus jedoch jetzt um zwei weitere Meter durch einen vorgesetzten Stahlanbau. Dabei folgt die in ihrem Material dem Gebäude eigentlich so fremde neue Raumschicht der Silhouette des Altbaus. Die Brüstungen der bestehenden Fenster wurden abgebrochen, sodass der Metallgitteranbau den Ausgang ins Freie auf allen Ebenen ermöglicht. Innenräumlich wurde die bestehende Aufteilung – eine kleine Einliegerwohnung und ein Gästezimmer im Erdgeschoss sowie eine Familienwohnung in den oberen beiden Geschossen – beibehalten. Wände wurden entsprechend der Lebensvorstellung der Familie versetzt, abgebrochen, neu errichtet, heute lebt es sich hier mit präzisen Durchblicken und sinnhaften Raumfolgen. Lehmputz und Holztäfer sorgen für Wohnlichkeit. Entstanden ist das neue alte Haus mit viel Eigenleistung, „und das neben der sehr zeitintensiven Berufstätigkeit und einem laufenden Familienleben mit zwei Kindern“, eingschränktem Budget und dem selbst gesetzten Ziel, „dass wir uns nach dem Kauf des Grundstücks im Frühjahr vorgenommen hatten, noch im Herbst des gleichen Jahres in unser neues Zuhause einzuziehen.“

Impressionen